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Das poetische Eichhörnchen im Liebesboot

Majakowskij war mein Lieblingsdichter aus der Stundentenjugend. Rebellei zieht junge Menschen an. Und er war nicht einfach ein Rebell, ein Hooligan im gelben Pullover, der die satte Gesellschaft ärgerte, — er war Revolutionär des Gedichts!

Er ist einfach auf mich vom Himmel hinab gestürzt. Wer sonst kann noch so sagen-schreien: „Ich habe sofort die Karte des Alltags geschmiert,/und goss die Farbe aus dem Glas:/ich zeigte auf dem Teller der Sülze/ die schiefen Wangen des Ozeans./ Auf den Schuppen des Metallfischs/ las ich den Ausruf der neuen Zähne./ Und könnten Sie/ eine Nocturne/ auf der Flöte der Abflussrohre spielen?“

 

            Keiner seiner Zeitgenossen konnte das. Er öffnete die Tür in die Neue Poesie, wie einst Arthur Rimbaud.

 

Zum hundertjährigen Jubiläum „Wolken in Hosen“

            Dem Jubiläum wurde Igor Wolgins Fernsehprogramm „Das ABC der Klassik“ gewidmet. Ihr Teilnehmer Ewgenij Reyn sagte: „Es gab zwei Majakowskij – der vorrevolutionäre und der spätere, und zwischen ihnen, wie es in Odessa fälschlicherweise gesagt wird – liegen zwei Unterschiede. Es gibt nur einen Unterschied, aber einen riesigen“. Das habe ich selber gespürt und begriffen Ende der 50er Jahre, als ich eine Seminararbeit zum Thema „Majakowskij und der Futurismus“ schrieb. Ich lief zu Taganka in die Gendrikov Gasse, wo zu dieser Zeit das Museum des Dichters war, und in der gemütlichen Bibliothek welchen ich alle Ausgaben der Futuristen las, unter anderen auch „Wolke in Hosen“ (1913).

            Im vorkriegs- – lustigen! – jahr 1913 hat die Bande der Futuristen angeführt von David Burljuk den Süden von Russland befahren. Wasilij Kamenskij erinnert sich, dass in Odessa Majakowskij zum ersten Mal ein großes Gefühl erlebte. Maria, zu der er in der „Wolke“ im Liebeswahn aufruft, („Mama!/ Ihr Sohn ist wunderbar krank! Mama! Er hat ein Feuer im Herzen“) – ist eine echte Frau. Die beraubende Schönheit der Maria Denisova ging Hand in Hand mit ihrer Intelligenz. Aber auf die Liebesschwüre des Dichters antwortete sie mit Verneinung: „Du kamst hinein,/ abrupt, wie „bitte schön, nimm!“,/ fummelte an den Samthandschuhen,/ sagte:/ „Wissen Sie — / ich werden heiraten“.// Was soll´s, dann gehen Sie./Macht nichts./ Ich werde stark sein./ Sehen Sie – wie ruhig ich bin!/ Wie der Puls/ eines Toten.// Erinnern Sie sich? Sie sagten: / „Jack London,/ Geld, /Liebe,/ Passion“, — / und ich hab nur eines gesehen:/ Sie – Jaconde,/ die gestohlen werden muss!// Und sie wurde gestohlen.“

            Der Untertitel – „Tetralogie“: vier Schreie in vier Akten, und der wichtigsten – „Weg mit Ihrer Liebe!“ Noch deutete nichts auf die sexuelle Revolution hin, und der Held des Poems verlautlichte einen fleischlichen Wunsch: „Maria!/ Der Dichter dieses Sonnets sing zu Tiana,/ und ich — / komplett aus Fleisch,/ ein ganzer Menschen — / lechze nach deinem Körper, / wie die Christen um / „Unser täglich Brot“/ bitten.// Maria – gibt!“ Das war eine unerhörte Schamlosigkeit zu dieser Zeit. Aber weiterhin wird ein Geständnis folgen, das eines Kranzes von Sonnets wert ist: “Deinen Körper/ werde ich hüten und lieben,/ wie ein Soldat,/ vom Krieg gezeichnet, /ungebraucht,/niemandes,/ sein einziges Bein hütet“.

            Der Kontrast besteht von Anfang an: „Wollen Sie -/ ich werde vom Fleisch wahnsinnig/ …wollen Sie — / ich werden unglaublich zärtlich, /kein Mann, sondern – eine Wolke in Hosen“. Der Dichter ist sowohl ein authentischer Mensch, der „nachts sein Klingeln/ in das weiche, weibliche verstecken will“, und ein Übermensch – der Prediger der Straße, die „sprachlos sich windet“, „des heutigen Tages Schreihals Zarathustra“. Die Menge an Kontrasten ist unglaublich groß: von der Straßengrobheit („Die ganze Erde wird sich als Frau hinlegen,/ mit dem Fleisch rühren, sich hingeben wollen“) bis zum Himmlischen, Sakralen (Bilder von Jesus, Madonna, Johannes des Täufer, Simon Petrus, Erzengel, des Allmächtigen selbst). Und was besonders verwunderlich ist – die Kontraste berühren sich! Die eigene Erniedrigung („Ich bin ein Mensch, Maria,/ ein einfacher,/ von der schwindsüchtigen Nacht in die dreckige Hand der Presnja ausgespuckter Mensch“, „ausgelacht von dem heutigen Stamm,/ wie eine lange/ obszöne Anekdote“) – diese Erniedrigung der Stolzes verwandelt sich in die Selbsterhöhung: („Ich,/goldmündig,/ dessen jedes Wort/ die Seele neu gebärt“). Hinter all dem ist nicht nur der Liebeswahn, eine bewusste Èpatage, sondern auch die Ankunft des Dichters-Propheten.

 

                    

Ich gehe – schön zweiundzwanzigjährig…

 

Im Juli 1915 war er im Haus von Lilja und Osip Brick, als von der jüngeren Schwester von Lilja, Elsa Kagan (später – Triole) eingeladen wurde, die er sofort umwarb, obwohl zu der Zeit seine Romanze mit der tatarischen Schönheit Sonja – Sofia Schabardina, auf dem Höhepunkt war. Er lehnte sich an den Türrahmen, las den Herren des Hauses das Manuskript „Wolke in Hosen“ vor. Alle wurden von dem brummigen baritonähnlichen Bass des großen Jungen erobert, seiner unglaublichen Kraft und der Schönheit seiner Augen. Das Gedicht hinterließ einen unvergesslichen Eindruck, es wurde klar – ein großer Dichter wurde geboren. Er selber versank in Lillis Augen, über welche – „Große Untertassen“ er sofort eine Überschrift-Widmung – ihr – in seinem Heft machte. Von da an werden alle seine Gedichte, außer des Gedicht „Wladimir Iljitsch Lenin“, Lilli gewidmet, und viele werden voller Liebe zu ihr sein. Veronika Polonskaya, die junge Schauspielerin, die letzte Anhänglichkeit des Dichters, die er in seinem Sterbebrief als Teil seiner Familie anerkannte, sagten, dass Lilja die erste Frau von Majakokwskij war, nicht vom Zählen, sondern von der Bedeutung und vom Platz, welchen sie in seinem solch großen und verletzlichen Herz einnahm.

„Das fröhlichste Datum“ – so bestimmte er in seiner Autobiografie „Ich selbst“ den Tag der Bekanntschaft mit den Brick. Und das trotz dessen, dass seine Beziehung mit Lilja nicht einfach war, manchmal sogar sehr schmerzvoll. Majakowskij war verzweifelt, eifersüchtig („unterm Fell der Eifersucht liegt der Bär mit seinen Klauen“), versuchte sich sogar zu erschießen. Seine unendliche Liebe begehrte das, was ihm Lilja nicht geben konnte: sie verstand seine Gedichte, sie verehrte sie und sie waren für sie wertvoller, als er selbst. Seine unbändige Liebe, seine Maßlosigkeit fingen an sie zu bedrücken, und er spürte das. Lesen Sie das Gedicht „Lilitschka! Statt eines Briefes“ (26. Mai 1916) genauer durch! So steht es dort: „Trotzdem/ meine Liebe – /schwere Last doch/ hängt an dir/ egal wohin du läufst“. Und sein Gefühl zu ihr ist unendlich: „Ohne deine Liebe,/gibt es für mich/ kein Meer// Ohne deine Liebe,/ gibt es für mich/ keine Sonne…// ich/ erfreue mich keines Klanges,/ außer des Klanges deines geliebten Namen“.

Im Gedicht „Flöte-Rückgrat“ (1915) gehen Flüche und Vorwürfe der Liebsten („Mein Herz bestohlene,/es mitgenommen hast du,/gequält meine Seele hast du“, „aus den brennenden Tiefen gekommen) Hand in Hand mit Gebeten („Meine Liebe,/wie ein Apostel in der Zeit,/über Tausende Tausend Straßen verstreue ich./ In den Jahrhunderten steht dir eine Krone bereit,/ und in der Krone sind meine Worte -/als Regebogen von Krämpfen“). In Verzweiflung schwört er: „auf die Kette werde ich Liljas Namen einkratzen/und die Kette werde ich in der Dunkelheit der Schufterei küssen“. Und in den Briefen variiert er ihren Namen auf viele verschiedene Arten (und ihre Brieffreundschaft ging von 1915 bis zum Tod) und sogar im Sterbebrief: „Lilja – liebe mich“.

Lilja – Heldin des Gedichts „Ich liebe“ (1922). Majakowskij schenkte ihr einen Ring, auf dem äußeren Umfang welchen L.I.E.B.E. eingraviert war, womit auf dem ganzen Kreis unendlich die Initialen von Lilja Juriewna Brick sich wiederholten.[1] „Sie kam -/ sachlich,/ für Brummen, für Größe,/ schaute hin,/ und sah einfach einen Jungen./ Nahm,/stahl mein Herz/ und ging/ einfach spielen -/ wie ein Mädchen mit einem Ball.“ Er war auch ein großer Junge, der von ewiger, einzigartiger, großer Liebe träumte. Das Gedicht „Ich liebe“ endet mit folgendem Ergebnis: „Die Liebe wird weder/ von Streiten,/noch von Meilen/ verwaschen./ Durchdacht,/abgestimmt,/überprüft./ Heben wir feierlich das bunte Gedicht,/ich schwöre -/ ich liebe/ unveränderlich und treu!“

Im Gedicht „Darüber“ (1923) entsteht wieder das Bild eines ewigen Jugendlichen. Ihm ist das folgende Lied gewidmet: „Der Junge ging weg, und schaute auf den Sonnenuntergang. Der Sonnenuntergang war unglaublich gelb. Sogar der Schnee vergilbte am Platz Tverskaya Zastava. Ohne etwas zu sehen, ging der Junge weiter. Er ging, blieb plötzlich stehen. In der Seide der Hände Stahl. Schaute eine Stunde auf den Sonnenuntergang, richtete die Augen darauf, hinter dem Jungen sich hingelegten Rand. Der Schnee, knarrte, brach die Knochen. Wofür? Wozu? Für wen? Vom diebischen Wind wurde der Junge durchsucht. Der Wind erlangte des Jungen Briefchen. Der Wind rief den Petrover Park an: — Lebt wohl…Ich beende…Ich bitte mich nicht zu beschuldigen. Und wie er mir ähnlich sieht!“ Oh ja, hat er alles berechnet…

 

                    

Eine Kugelin den Schmetterling des Dichterherzes!

Zu 1925 hat die Liebesromanze mit Lilja sich ausgeschöpft, aber eine tiefe Verbundenheit und Loyalität blieben bis zum letzten Punkt erhalten, die er selber am 14. April 1930 setzte. Ihre Verbindung zu seiner poetischen Welt war unzerstörbar. Die Bricks verstanden den echten Ausmaß seiner Poesie und blieben weiterhin seine Familie. Er lebte mit Ihnen zusammen, seit 1918, zuerst in der Poluetkovo, dann in der Vodopjanovo Gasse, und seit 1926 in der von ihm erhaltenen kleinen Wohnung in der Gendrikovo Gasse hinter dem Taganskij Tor. Hier hatte jeder sein eigenes Zimmer. Plus ein größeres, wo sie sich zu dritt mit gemeinsamen Freunden trafen. Hierher kamen viele LEF[2]-Anhänger, Aseev, Pasternak, Krutschenyh, Schklovskij. Gerüchte über das „Leben zu dritt“ waren schmutzige Anspielungen. Jeder von ihnen hatte sein intimes Leben. Und sogar in dem Gedicht „gut!“ (1927) vergisst er sie nicht: „Wenn ich irgendetwas geschrieben habe, wenn ich irgendetwas gesagt habe – so sind daran Schuld die Himmelaugen, die Augen meiner Liebsten. Rund und braun, heiß bis zum Verbrennen“.

Unter den Begeisterungen von Majakowskij war auch die Amerikanerin Ella Jones (vor der Ehe Elisabetha Petrovna Sielbert, eine Deutschrussin). Sie gebar ihm eine Tochter, was sich sowohl Sonja, als auch Norotschka Polonskaya trauten.

In Paris hat Elsa Triole Majakowskij Tatjana Jakovleva vorgestellt, die dahin aus dem ruinierten Russland ausgewandert ist. Es entstand ein tiefes Gefühl (von seiner Seite), es wärmte die Hoffnung sie nach Moskau zurück zu holen. Das Gedicht „Der Brief an Tatjana Jakovleva“ war unerwartet für Lilja, die all seine Affären zähmen konnte — angefangen bei der unglücklichen Sonja, Opfer des Gulags, bis zu Norotschka Polonskaya. Und er rief ernsthaft zu Tatjana auf: „Komm zu mir, geh auf die Kreuzung meiner großen und unbeholfenen Hände“. Sie kam nicht. Sie bevorzugte die ruhigere Variante – sie heiratete den Vicomte du Plessis. „Dann werden wir diese Kränkung auch der gemeinsamen Rechnung zuschreiben…“

Kränkungen zum Ende hin gab es unglaublich viele: sein Stück „Badehaus“ hatte keinen Erfolg, die Ausstellung „30 Jahre Arbeit“ blieb unbemerkt. Den Bruch mit den LEF-Anhängern und den Eintritt in die RAPP[3] betrachtete er selber als Fehler. Sich selbst bändigen, „sich auf den Hals des eigenen Lieds stellen“, war schwerer und schwerer. Die Regierung wechselte, und weiterhin der Wetterhahn bleiben wollte er nicht und konnte auch nicht. Darüber sprach Lilja Brick am Abend zu Ehren des Dichters in 1958 in der Gendrikovo Gasse, wo ich das Glück hatte zu sein.

10 Jahre später wird dieses Museum in der kompletten Übereinstimmung mit der Welle des Antisemitismus in der UdSSR und auf die Bitte der Schwester des Dichters hin geschlossen (ungewollt fiel die beschämende Rolle der Schwester von Nitzsche im Schicksal seines Erbes ein).

Und Lilja Brick sprach über die Tragödie des Majakowskij als Poeten, darüber, dass das Thema der ewigen ungeteilten Liebe und des Todes ihn sein ganzes Leben lang verfolgte. Ein Mensch der Extreme, wollte er „dass es keine dienende Liebe gibt,/Heiraten, Wollust, Brot./ Die Betten verflucht, von der Liege aufgestanden,/ damit die Liebe sich im ganzen Universum verbreitet./…Damit man nicht als Opfer der Löcher des Heims lebt./ Damit ich in der Verwandtschaft nun werden kann/ als Vater, zumindest, die Welt,/ und die Erde, zumindest, — als Mutter“.

Und zu dieser Zeit glaubte man immer weniger daran, dass der Grund für den Tod von Majakowskij das „Liebesboot, das durch den Alltag zerbrach“ war, denn es erklangen schon seine Worte: „Ich will von meinem Land verstanden werden,/ und wenn ich nicht verstanden werde – was soll´s?!/ Am eigenen Land werde ich an der Seite vorbeigehen,/ wie der schiefe Regen“. Die Wahrheit sagte Akhmatova: „Er hat alles verstanden – und früher, als wir alle“. Der Schuss – der letzte künstlerische Akt von Majakovskij.

 



[1] Im Russischen „(ich) liebe“ heißt „ljublju“ (rus.: люблю), wobei das j und u einen Buchstaben darstellen – deswegen stellen das „l“, das „ju“ und das „b“ ihre Initialen dar.

[2] Linke Front der Künste

[3] Russische Assoziation Proletarischer Schriftsteller

 

 

Greta Jonkis (Köln)

Prof. Dr. Phil.

Mitglied des internationalen PEN-Klubs

Aus dem Russischen von Yevgeniya Marmer

(Alle Gedichte sind freie Übersetzung des Übersetzers)

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О IF: Greta Jonkis (Köln)

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