Im Jahr 1994 stand Fedinand Karl Piëch, der damalige Vorsitzende des Vorstandes von „Volkswagen“ und, in „Nebenbeschftigung“ der Enkel von Ferdinand Porsche, vor einer nicht einfachen Wahl: er musste 500 Millionen Deutsche Mark für irgendetwas ausgeben.
Im Prinzip gab es nur zwei realisierbare Vorschläge: entweder eine mächtige Werbekampagne starten oder eine Autostadt bauen. Und Ferdinand Piëch entschied das Unvereinbare zu vereinen, wenn man das so sagen darf.
Der Bau des Werbe-Unterhaltungs-Komplexes fing in 1998 an, und in 2000 wurden die Tore für die Besucher eröffnet.
Also ist die Wolfsburger Autostadt sowohl ein Museum als auch keins. Obwohl, das Museum von Volkswagen befindet sich ein bisschen wo anders. Und darüber werden wir irgendwann später genauer sprechen.
Übrigens, unter der Menge der Gebäude der Autostadt, die sich auf dem 40 Hektar Gebiet befinden, gibt aus auch eine Ausstellung mit alten Autos, aber echte Raritäten gibt es hier nicht viele. Schöne und in Erinnerung verbleibende Autos um einiges mehr.
Aber das Hauptziel des „Kindes“ von Ferdinand Piëch ist ganz anders. Die Autostadt ist ein Ort zum Erholen. Die Hauptidee („versteckt“ für fremde Augen) ist, die Besucher dazu zu bewegen, den einen oder anderen Produkt des Konzerns zu kaufen.
Und das klappt!
In der S-Bahn, die jede Stunde aus Hannover nach Wolfsburg fährt, fallen sofort Reisende auf, die neue Nummernschilder in den Händen halten. Übrigens, einige haben auch mehrere auf einmal in den Taschen. Der Verkauf floriert also.
Obwohl, die Mehrheit der Reisenden, vor allem während der Schulferien, einfach dahin fahren, um eine schöne Zeit mit ihren Kindern und Enkeln zu verbringen.
In der Autostadt gibt es viele schöne Aussichten auf unzählige Spazierwege, eine Masse an ungewöhnlichen Vergnügungen für Kinder und ihre Eltern. Für die jüngsten Besucher sind richtige Straßen mit Kreuzungen, Ampeln und Verkehrspolizisten eingerichtet, auf welchen sie in kleinen Cabrio-„Käfern“ fahren können. Obwohl, zuerst muss man einen Verkehrsregeln-Test bestehen. Und die, die zu viele Fehler haben, dürfen nicht fahren. Aber die, die sowohl die Theorie, als auch die Praxis erfolgreich bestehen, bekommen einen Führerschein. Fast wie einen echten.
Und von der anderen Seite des Mittellandkanals, gegenüber der Autostadt gibt es einige Fahrschulen in denen man seine Fahrkenntnisse verbessern kann und eine Trasse, auf welcher „schnaufend“ Tiguans und Tuaregs „krabbeln“.
Detailliert alle Pavillons der Autostadt beschreiben ist eine undankbare Tätigkeit. Wie immer, so etwas sollte man selber sehen. Das einzige, was man besonders unterstreichen muss, sind die Jalousiewände aus Glas auf der Eingangsseite in Höhe von 20 Metern, die im Sommer geöffnet werden.
Im Übrigen…
Man kann ohne Ende den Volkswagen Nardo bewundern, der sieben Geschwindigkeitsrekorde bei 24-stündigen Fahrten auf dem gleichnamigen Track-Kreis in Italien aufgestellt hat, die wichtigsten Eckpunkte der Geschichte von Volkswagen erleben – „Käfer“ und „Golf“: jeder Farbe, jeder Generation, in unterschiedlichen Ausführungen. Bis zu Verzierungen mit „Edelsteinen“. Obwohl, womöglich, sind die Steine auch echt. Zumindest spielen sie sehr schön in der Sonne.
Solange die Eltern ihre erwachsenen „Spielzeuge“ bewundern, können die Kinder auf Schaukeln mit echten Autofedern und Stoßfängern schaukeln, das Prinzip der Arbeit des Verbrennungsmotors kennenlernen und einfach sich auf dem speziell eingerichteten Spielplatz erholen. Die in ihrer Art wohl einzigartig ist.
Die Fontänen, die abwechselnd Wasser und Feuer „speien“ ziehen die Blicke der Besucher jedes Alters auf sich.
Und links neben dem Gebäude des Kundencenters befinden sich zwei 48-Meter hohe Türme, in die jeweils bis zu 800 Autos passen. Darin werden Autos gelagert, die danach feierlich an ihre neuen Besitzer überreicht werden. Und zwar genau an die, die nach Wolfsburg kommen und ihre neuen Nummernschilder fest in den Händen halten.
Im Inneren erinnern die Türme an Szenen aus dem Film „Matrix“: zwei automatische Fahrstühle fahren hin und her, nehmen Autos mit und bringen auf neue die freien Plätze. Obwohl, in einem der Fahrstühle kann man auch persönlich hochfahren.
Unmittelbar in das Gebäude des Kundencenters gelangen die Autos aus den Türmen über einen unterirdischen Fahrstuhl. Durchschnittlich werden täglich Schlüssel an 600 neue Kunden überreicht. Wenn man bedenkt, dass jährlich die Autostadt von mehr als zwei Millionen Menschen besucht wird und etwa ein Viertel von ihnen auf einem neugekauften Volkswagen rausfahren, dann kann man sagen, dass kein Automuseum dieser Welt nicht mal davon träumen kann!
Obwohl, die Autostadt ist kein Museum im klassischen Sinne, kein Ausstellungsunterhaltungszentrum und kein Erholungsgebiet. Richtiger wäre zu sagen, dass das alles gleichzeitig ist.
Und außerdem eine Naturecke, in die sehr organisch alle architektonischen und gestalterischen Ideen eingeflossen sind. Das ist eine Art Karussell aus lebendigen Farben, und eine „freche“ Ente, die rundheraus Leckerlis von Besuchern der Cafés erbettelt, und Gänse, die in aller Ruhe auf den grünen Hügeln grasen. Wie Sie verstehen, haben weder die einen noch die anderen einen Bezug zu örtlichen „Haustieren“. Sie können jeder Zeit das Gelände der Autostadt verlassen.
Und, wenn sich nicht wegfliegen, dann passt ihnen wohl alles. Wie auch vielen Hunderten täglichen Besuchern dieser Autostadt trotz ihres Wohnortes, ihres Alters und ihrer Nationalität.
Boris Kunin. Foto des Autors
Aus dem Russischen von Yevgeniya Marmer