Es ist interessant, dass Tourismus, heute so beliebt, noch relativ jung ist. Es fing an vor 150 Jahren in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert an, als die Eisenbahn und der Schiffsverkehr ausgebaut wurden. Andere Länder, Städte, Landschaften lockten sowohl einfache Bürger, als auch deutsche Künstler. „Faszination Fremde“ heißt die neue Ausstellung im Museum Giersch (Frankfurt am Main).
Die Ausstellung präsentiert 130 Werke von 40 regionalen Künstlerinnen und Künstlern der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert- Anfang 20. Jahrhunderts, darunter Johann Heinrich Schilbach, Eugen Bracht, Paul Thesing, Hans Thoma sowie Wilhelm Amandus Beer.
Wunderschönes Italien
Italien war die erste Liebe nicht nur für russische Künstler, sondern auch für deutsche. Viele der deutschen Künstler bereisten Italien und lebten dort jahrelang. Dank materieller Unterstützung von Prinzessin Mathilde fuhr Georg Frederik August Lucas(1803-1863), ein Darmstädter Künstler, nach Italien. Nach seiner Rückkehr malte er viele Bilder von Italien.
Das Bild „Wäscherinnen am Brunnen“ wurde 1846 gemalt und erinnert uns an Werke
des russischen Künstlers Karl Brülow. Wir sehen eine Komposition mit vielen Figuren. Junge schöne Italienerinnen sind im Zentrum des Bildes. Rundherum sind andere Gestalten, darunter Kinder, männliche Figuren, ein Reiter mit einem Pferd, eine junge Italienerin geht die Treppe runter. Starkes Sonnenlicht, eine romantische Landschaft, idealisierte Figuren. Das Bild vermittelt das Gefühl eines Festes. So wurde Italien mystifiziert als Land von Harmonie und Schönheit.
Bald wurde es als klassisches Reiseland von Frankreich und Spanien abgelöst. Jetzt wurden auch soziale Motive wurden stärker vertreten. „Pariser Straßenkinder“- so heißt ein großes Bild von Friedrich Karl Hausmann (1825-1886). Auf Hans Thomas Bild „Die Zitronenverkäuferin“ sieht man ein Mädchen mit einem Obstkorb. Foto3
Das traurige graue Gesicht des Mädchens steht im Kontrast zu den gelben und orangefarbigen Früchten, die sie verkauft.
Auf der Suche nach Exotischem
Einige Künstler wagten sich auf fernere Reisen. So fuhr Eugen Bracht (1842-1921) alleine nach Syrien, Palästina und Ägypten. Während seiner Reise fertigte der Künstler viele Skizzen und Zeichnungen an. Sie waren die Grundlage für die großen Bilder, die ihm Erfolg brachten.
„Rast in der Araba“ heißt eines seiner ausgestelltes Bild. Man sieht Beduinen mit Kamelen bei hellblauen Himmel.
Adolf Höffler (1825-1898) reiste nach Nordamerika und Kuba. In seinen Werken stellte er exotische Landschaften wie Urwälder und Indianer dar.
Auch Russland wurde von deutschen Künstlern bereist. In ganz Osteuropa suchten sie neue Impulse. Faszinierend sind Bilder vom Leben des einfachen Volkes, seine Feste und Sitten.
Wilhelm Amandus Beer (1837-1907) verbrachte einige Jahren in Russland. Er lebte bei seinem Freund Sergej Barischnikow auf einem Gut in der Nähe von Smolensk.
„Jahrmarkt“ ist eine seines schönen und beeindruckenden Bild. Im Mittelpunkt steht ein tanzendes Paar von Bäuerin und Bauer. Bewundernswert, wie frei, leicht und ohne Hemmungen sie sich bewegen. Selbst Figuren im Hintergrund, etwa Händler, Käufer, Spaziergänger, sind detailliert gemalt. Eine russische Landschaft und die Zwiebeltürme einer orthodoxen Kirche vervollständigen das Bild. Durch zahlreiche Skizzen und Porträts kann man erahnen, wie der Maler das Bild schuf.
Beer wurde durch seine Bilder von Russland bekannt.
Die Ästhetik der Fremde und die Moderne
Im 20.Jahrhundert fanden Künstler neue Inspirationen im Ausland. Exotischen Themen und Bildnisse von Fremden prägte eine neue Auffassung von Kunst. Das Bild der Frankfurter Malerin Mathilde Battenberg „Bildnis eines Afrikaners“ (1915) fasziniert uns wegen seiner farbintensiven Palette.
Der Darmstädter Künstler Paul Thesing(1882-1954) mit seine Bildern auf spanischen Themen( „Spanische Landschaft“, „Eine Frau mit der Ziege“) zeigt sich als ein Moderner.
Die Ausstellung ist bis zum 14. Juli 2013 geöffnet. Anlässlich der Ausstellung sind Führungen und Kinderprogramme geplant, darunter auch eine Lesung von Stefanie Zweig aus ihrem Buch „Nirgendwo war Heimat“.