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Frankenstein.

Legendäre Schlösser Deutschlands.  Erster Teil.

Von den deutschen mittelalterlichen Schlössern ist dieses zwar nicht das interessanteste, aber ganz bestimmt das berühmteste.

 

Dabei verdankt er seinen Weltruhm nicht seiner eigenen ereignisreichen Geschichte, sondern der ihm „geschenkten“ Horrorlegende. Es existiert eine Meinung,

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dass die damals noch keinem bekannten junge (16 Jahre alt) Engländerin Mary Godwin Shelley, die im ersten Viertel des 19. Jahrhunderts durch Deutschland reiste, in 1814 Frankenstein* besuchte. Beindruckt von den romantischen Ruinen und in der Nähe des Schlosses erzählten Legenden schrieb sie das Buch „Frankenstein, der neue Prometheus“. Der Horror-Roman, der nicht nur den Namen der damals noch unbekannten Autorin** verewigte, bestimmte auch das Schicksal des deutschen Schlosses für mehrere Jahrhunderte im Voraus. Und in den USA, wo allein im 20. Jahrhundert mehrere Verfilmungen des Buches von Shelley stattfanden, hat sich das Wort „Frankenstein“ sogleich zum Synonym des Wortes „Horror“ verwandelt.

 Der berühmte Filmdämon erschaffen von Tom Carlton. Der Hauptheld des Buches, Viktor Frankenstein, ist ein verrückter Wissenschaftler, der mit Toten experimentiert. Aus den zerstückelten Leichen stellt er ein echtes Monster her – ein riesiges menschenähnliches Monster, welches auflebt, wenn durch seinen Körper elektrischer Strom geleitet wird.

Jedoch kann das gruselige Wesen nicht unter Menschen leben. Es hat keine Seele und ihm ist alles Menschliche fremd. Im Endeffekt beendet das Monster Frankenstein auf sehr grausame Weise die Leben aller Mitglieder der Familie seines Erschaffers und nach dem Tod des Wissenschaftlers stirbt er selber…

Frankenstein – das nördlichste Schloss und Burgruine auf der Westseite von Odenwald, auf einer Höhe von 370 Metern. Zum ersten Mal wird es in 1252 erwähnt, in der Heiratsurkunde von Konrad Reiz von Breuberg und seiner Ehefrau Elisabeta von Weiterstadt. Obwohl, zu Mitte des 13. Jahrhunderts war er schon erbaut und bewohnt. Deswegen glaubt die Mehrheit der Geschichtswissenschaftler, dass die Errichtung dieser Burg schon im ersten Viertel des Jahrhunderts begann. Heute stellt das „Familiennest“ der Barone von Frankenstein einen armseligen Anblick dar. Komplett erhalten wurde nur die kleine Kapelle aus Mitte des 15. Jahrhunderts links vom Haupteingang beim Betreten des Schlossbereichs.

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Interessant ist, dass die Bewohner der Burg in der ganzen langen Geschichte niemals angegriffen wurden. In den Archiven gibt es keine Einträge über Belagerungen oder Kämpfe vor oder hinter den Mauern. Wenn man das weiß, ist es besonders komisch, dass das einst feudale Anwesen heute so heruntergekommen aussieht, das mit einer Steinmauer mit einer Höhe von mehreren Metern umringt ist.

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Eine der Legenden, die schon zu unserer Zeit entstanden ist, erklärt teilweise die Lage folgendermaßen: Einer der selbsternannten**** Nachkommen der Familie Frankenstein, der Arzt und Alchemiker Johann Konrad Dippel, führte in einem der Türme des Schlosses Versuche mit Nitroglycerin durch. Und ein Mal, entweder aus Mangel an Vorsicht oder an Erfahrung, ließ er einen Kolben mit diesem gefährlichen Nitrat fallen. Es ertönte eine große Explosion, die fast komplett den Turm zerstörte, in welchem sich sein Labor befand. Dippel blieb, wie durch ein Wunder, am Leben.

Übrigens, den leicht trotteligen Alchemiker beschuldigen die Kenner der örtlichen Folklore in der Entweihung der Gräber und Leichendiebstahl für seine Geheimexperimente auf der Suche nach dem Unsterblichkeitselixir. Tatsächlich haben die Geschichtswissenschaftler keine schriftliche Bestätigung dafür gefunden, dass Konrad Dippel in Frankenstein nach seinem Studium auf der Universität von Giessen arbeitete und wohnte. Was die Geschichte mit dem explodierten Nitroglycerin betrifft, dann ist das eine erfundene Geschichte oder ein Anachronismus*****. Allein schon deswegen, weil Dippel in 1734 starb und Nitroglycerin von dem italienischen Chemiker Ascanio Sobrero erst in 1847 synthetisiert wurde.

Und wie konnte denn passieren, dass die starken Burgmauern und Türme praktisch dem Erdboden gleichgemacht wurden, wenn doch gut bekannt ist, dass Frankenstein niemals belagert wurde?Puc 7

Puc 6Und Schuld an dem Ganzen sind die Schatzsucher der alten Zeiten und die korrupten Schlossaufseher. Im 18. Jahrhundert wurden hartnäckig Gerüchte verbreitet, dass angeblich in den Kellern unter der Zitadelle märchenhafte Reichtümer versteckt seien (in Wirklichkeit besaß die Familie Frankenstein keine bedeutenden Ersparnisse). Früher oder später führte es dazu, dass die Schatzsucher, wie Maulwürfe, alles in der Nähe „umgebuddelt“ hatten und danach angefangen hatten die äußeren Mauern zu zerstören und in die Keller einzudringen. Zur Mitte des Jahrhunderts waren die Anmarschwege zu Frankenstein, wie auch sein erster Verteidigungsring, wurden größtenteils zerstört. Das, was die Vandalen mit Pickeln und Spaten angefangen haben, hat die verantwortungslose Ehefrau eines der damaligen Schlossaufseher fortgesetzt. Sie schaffte es alles zu verkaufen, was man aus dem Familiennest der alten Ritterfamilie heraustragen, herausbrechen und herausreissen konnte. So verschwand die ganze Inneneinrichtung der Zimmer und Säle. Es wurden sogar die Holztreppen und Stützbalken auseinander genommen, und von den Dächern wurden die Ziegel und die Zinnhalterungen abgerissen. Die Zerstörung vervollständigten die Bauern aus den benachbarten Dörfern, nachdem sie all diese Teile mitnahmen, um das für ihre Bauten zu nutzen.

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Nur ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstand Interesse an Frankenstein, wie an einem historischen Erbe. Der große Herzog Ludwig III. gab den Befehl das Schloss zu restaurieren. Obwohl, während dieser ersten Restauration wurde mehr zerstört, als erhalten. Denn damals gab es noch keine echten Spezialisten auf diesem Gebiet. Deswegen sind bei der Wiederherstellung der Steinbauten auf der Spitze des Berges grobe Fehler passiert. Zum Beispiel, der Turm, durch welchen die Besucher auf das Territorium des Komplexes gelangen, bekam ein neues Stockwerk.

Und der Wohnturm bekam ein vorher nicht existierendes Dach.Werbeplakat von „Halloween im Schloss Frankenstein“.

Und Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts fing das Interesse an dem Berg und an den Ruinen wieder an zu wachsen. Das wurde durch verschiedene Ursachen hervorgerufen. Erstens hat in 1968 die amerikanische Zeitschrift Life einen Brief eines bestimmten David Russel veröffentlicht, in welchem dieser vermutete, dass Shelley zu ihrem berühmten Roman der Besuch des Schlosses Frankenstein inspirierte. (Man muss anmerken, dass die Amerikaner schon vorher sicher waren, dass das Monster in den Kellern des Schlosses belebt wurde. Und trotz dessen, dass im Buch sich das Labor des jungen Wissenschaftlers irgendwo in Ingolstadt befand). Und zweitens, in 1975, entdeckte der Historiker Radu Florescu eine Parallele zwischen dem Monster Frankenstein und dem schon erwähnten Arzt, Theologen und Alchemiker Konrad Dippel, der tatsächlich im Schloss in 1673 geboren wurde. Nicht weit vom Berg befand sich damals eine amerikanische Militär-Basis und die Mystik liebenden Amerikaner fingen an auf den Ruinen der Burg Halloween Festivals zu feiern. Heute sind das die größten in Deutschland!

Puc 10Kostümshows locken Liebhaber solcher Art Feste aus dem ganzen Land und aus dem Ausland an. Innerhalb von drei Wochen kann man am Wochenende die Ruinen nur zu Fuß erreichen. Die Polizei sperrt alle Anfahrten zum Berg und „Heere“ der Liebhaber von Nervenkitzel strömen, wie Ameisen in langen Schlangen zur Spitze. Viele Nächte durch wird die Umgebung von Frankenstein von wilden Schreien, Kettenklirren und Gräberrücken erschüttert.

 

Und bis zum Morgengrauen herrschen auf dem Berg Dämonen, Hexen und Zombies.

 

/Fortsetzung folgt/

 

Anmerkungen:

 

* Feste Beweise dafür wurden nicht gefunden.

** Zum Moment der Erscheinung des Buches von Mary Shelley wurde sie 18 Jahre alt.

**** In Wirklichkeit war Dippel, obwohl er im Schloss geboren wurde, kein Frankenstein.

***** Ein Anachronismus ist eine fehlerhafte, absichtliche und bedingte Zurechnung von Ereignissen, Gegenständen und Persönlichkeiten einer anderen Zeit und Epoche bezüglich der faktischen Chronologie. (aus Wikipedia)

 

 Aus dem Russischen von Yevgeniya Marmer

русская православная церковь заграницей иконы божией матери курская коренная в ганновере

Über Rolf Meisinger (Mannheim)

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