Haustiere in der Notaphilie*
Abbildungen von Katzen, dieser süßer Tierchen, Lieblingen von Millionen von Menschen auf der ganzen Erde, kann man überall treffen. Auf Werbeplakaten und Titelseiten von Magazinen, Briefmarken und modischen T-Shirts. Ihre bärtigen Schnauzen „lächeln“ auf der ganzen Welt aus den Schaufenstern der Geschäfte und von bunten Verpackungen.
In Bronze gegossen, aus Blech gestempelt, aus Holz geschnitzt oder aus Ton geformt, sie schmücken die Parkfontänen, die Vorgärten der Dorfhäuser und die Dachgiebel. Jedoch weiß nicht jeder, dass man Katzen nicht selten auf Geld sehen kann. Sowohl auf Münzen, als auch auf Scheinen. Sie glauben es nicht! Na dann möchte ich, dass Sie sich selbst davon überzeugen…
Die frühsten Abbildungen der Katzen auf Geldscheinen tauchen auf Notgeldern *** in den 20ger Jahren des 20. Jahrhunderts auf. Diese sind auch am interessantesten, da sie die geliebten Haustiere, sozusagen, in Aktion darstellen. Auf dem Bon der Stadt Bad Salzuflen (Nordrhein-Westfalen) im Wert von 50 Pfennig von 1921 ist das übliche Bild der sich waschenden Katze zu sehen.
Abb. 1 Bad Salzuflen – 50 Pfenning aus dem Jahr 1921
Interessant ist jedoch, dass obwohl diese schneeweiße Kokette offensichtlich an ihrer Pfote leckt (es ist sogar die Zunge der Katze gut zu sehen), ihr in dem Motiv von Bon die Rolle des heraldischen Wappenhalters zugeteilt ist. Genauer gesagt, stützt die Katze mit ihrer angehobenen Pfote das Wappen der Stadt. Jedenfalls folgt dies aus der begleitenden Aufschrift. Die gleiche Aufschrift behauptet auch, dass „solange die weiße Katze**** „ mit einer solch verantwortungsvollen Sache beschäftigt ist, „wird sich der Ruhm von Kraft und Schönheit in der ganzen Welt verbreiten“. Daraus folgt also, dass diese liebe Kreatur ein eigenartiger Garantiegeber für das Glück einer ganzen Siedlung ist. Mit anderen Worten ist es ein Maskottchen des Erfolges und des Wohlstandes für mehrere Tausend Menschen.
Es ist jedoch bekannt, dass die Einstellung der Menschen zu den Katzen nicht immer so behutsam und gutmütig war. Die Geschichte unserer Naturgeschwister ist ein Leidensweg mit seinen Höhen und Tiefen. Im alten Ägypten wurden sie vergöttert. In ihrem Namen wurden Tempel errichtet, an sie wurden Gebete gerichtet, man hat sie um Hilfe gebeten. Der Kult der heiligen Katze, Bastet – der Gottheit der Freude, der Fruchtbarkeit und des Heims, war in dem Land der Pharaonen bis zu der Ankunft der Römer sehr verbreitet. Etwas anders war die Situation der Katzen in Europa im späten Mittelalter (16.-17. Jahrhundert).
Auf dem Notgeld der Kleinstadt Gebesee (Thüringen) im Wert von 50 Pfennig aus dem Jahr 1921 hat der Maler eine schreckliche Szene dargestellt.
Abb. 2 Gebesee – 50 Pfennig aus dem Jahr 1921
Eine aufgebrachte Menschenmenge, angeführt von einem Priester, steht um einen Galgen herum, auf dem, am Schwanz angebunden, die Katze hängt. Etwas weiter hinten lassen sich die Umrisse einer Trauermarschprozession erahnen, zwei Totengräber, die ein winziges Grab tragen. Die tragische Geschichte, die auf einer Banknote erzählt wird, ist angeblich tatsächlich passiert. Eine Katze hat den Erben des Schlossinhabers dermaßen gebissen, dass der Säugling starb. Das Mördertier wurde gefangen, verurteilt und hingerichtet. Derartige Gewaltakte mit Haustieren (Katzen, Hunden, Schweinen, Schafen usw.) waren in der Zeit der Hexenverfolgung leider nichts Unübliches. Es ist schwer vorzustellen, wie viele armselige Vierbeiner auf Schafotten und auf der Feuerinquisition aufgrund völlig absurder Anklagen und Verdächtigungen hingerichtet wurden. Der Glaube daran, dass Hexen und Magier sich in verschiedene Tiere verwandeln konnten (hauptsächlich in schwarze Katzen, Hunde und Wölfe) spielte in der Praxis der Kommunikation der Inquisitoren mit ihren wehrlosen Opfern eine nicht unwichtige Rolle. Die Schinder verbrannten die (fast immer) unschuldigen Tiere, in der Hoffnung, dass sie in den Leidensschreien die Bitte um Gnade der Hexen hören würden.
Mit Erfolg verbreiteten die Kirchenväter unter den Analphabeten die Gerüchte über die satanischen Intrigen. Die schwarze Katze gehörte in der Vorstellung des Volkes zu dem Diener des Satans. Wo auch immer der König der Dunkelheit auftauchte, sollte sie sich immer in der Nähe befinden. So wie auf dem Bild des Notgeldes der Stadt Berga/Elster (Thüringen) im Wert von 50 Pfennig aus dem Jahr 1921.
Abb. 3 Berga – 50 Pfennig aus dem Jahr 1921
Auch der Herrscher der Unterwelt erschien den Menschen in Gestalt eines schwarzen Katers. Eine unumstrittene Tatsache war unter anderem auch, dass die Hexen, die im Hexenkessel flogen, immer ihre satanischen Diener wie Fledermäuse, Raben, Eulen und natürlich schwarze Katzen dabeihatten. Diese brauchten sie für die Ausführung kleiner Aufgaben. Die Abbildung der Hexen, die auf die Feier der Walpurgisnacht zusammenflogen, schmückte das Notgeld von Braunschweig mit einem seltenen Wert von einer Mark und 60 Pfennig.
Abb. 4 Braunschweig – eine Mark und 60 Pfennig aus dem Jahr 1921
Abgesehen vom schwarzen Ziegenbock und Schwein, die als Transportmittel der Hexen dienten, ist auf dem Rücken einer Hexe auch ein schwarzer Kater zu erkennen.
Da fragt man sich doch, woher der Kirchenvorstand solch einen Hass auf die harmlosen Tierchen hat? Umso absurder ist ihre Beziehung zu den Katzen, wenn man bedenkt, dass ausgerechnet das Oberhaupt der katholischen Kirche – Papst Grigorij I (590-604) anordnete, dass man Katzen im Kloster züchten und versorgen sollte. Man sagt, er habe so an seiner Katze gehangen, dass er sie immer und überall versteckte, im breiten Ärmel seines Gewandes trug er sie bei sich. Übrigens gab es auch unter den Vertretern anderer Religionen leidenschaftliche Katzenliebhaber. So zum Beispiel der Prophet Muhammed. Auch der berühmte persische Schriftsteller Jalaluddin Rumi (1207-1273), der Gründer des Ordens der tanzenden Derwische hatte eine geliebte Katze. Der Legende nach wurde sie unter den Wänden seines Mausoleums beerdigt, weil sie am siebten Tag nach dem Tod ihres Herrn, indem sie aufgehört hat zu essen, an Entkräftung starb. Das mittelalterliche Portrait von Rumi, die tanzenden Derwische, sowie das Minarett des Mausoleums in der Stadt Konja, neben dem die geliebte Katze des Schriftstellers begraben wurde, sind auf dem türkischen Geldschein im Wert von 5000 Lira aus dem Jahr 1985 zusehen.
Abb. 5 Türkei – 5000 Lira aus dem Jahr 1985
Eine besondere Zuwendung des Menschen bekamen die Katzen in den Frauenklostern in Europa. Die Klosterfrauen haben sie oft so verwöhnt, dass die Menschen des Mittelalters den Ausdruck „die Klosterkatze“ mit einem Leckerbissen assoziierten. Aber gerade das sorglose Leben der Katzen in Männerklostern führte dazu, dass die Klosterfrauen schon bald ihre Meinung bezüglich der Katzen änderten. Der Gesang der Märzkatzen und ihre Liebesabenteuer störten die Brüder Christi bei ihren Gebeten und Meditationen. Nach und nach führe es dazu, dass hinter den Klosterwänden nur noch Kater blieben. Um Sünden zu vermeiden, wurden diese jedoch kastriert. Es ist üblich zu denken, dass die Mönche die ersten waren, die die Kastration praktiziert haben.
Die Katzenlieder führten des Öfteren zu kuriosen und auch witzigen Situationen. Wegen der „Liebeslieder“ eines Katers konnten die Einwohner einer kleinen Stadt im Norden Deutschlands die ganze Nacht nicht schlafen. Dies geschah in Lüttenburg (Schleswig-Holstein) im Jahr 1848. Im vollen Gange des dänisch-preußischen Krieges (1848-1850). Dabei ging dieses Ereignis unter der komischen Bezeichnung „Buttermilchkrieg“ ***** in die Geschichte ein. Anfang der 20ger Jahre des letzten Jahrhunderts wurde ihm sogar eine Serie lokaler Zahlungsmittel gewidmet. Es war so…
Am 21. April 1848 sah eine Einwohnerin ein Segel irgendeines Schiffes am Horizont. Aus einem unerklärlichen Grund hielt sie es für feindlich. Entweder war sie sehr empfindlich oder erschrocken durch die Gerüchte über die Annäherung der dänischen Armee, oder es lag einfach daran, dass sie schon lange keine Schiffe mehr gesehen hatte. Jedenfalls eilte sie in die Stadt, um jedem von der unvermeidlichen Bedrohung zu berichten. Zum Abend hin besprach ganz Lüttenburg die letzte Nachricht und machte sich große Sorgen. Nachts passierte dann Folgendes. Der schreiende Kater auf dem Dach ließ einen Rabauken nicht schlafen, worauf dieser das Gewehr des Vaters nahm und auf den Ordnungsstörer schoss. Diese Szene ist wunderbar auf einem der Notgelder der oben angeführten Serie wiedergegeben.
Abb. 6 Lüttenburg – 50 Pfennig aus dem Jahr 1922
Was mit dem armen Tier passiert ist, ist unbekannt. Jedoch haben sich die Einwohner bis zum Morgen den Kopf darüber zerbrochen, ob nicht zufällig die dänischen Spione den Beschuss auf den Straßen anfingen. Es ging so weit, dass sich am nächsten Tag ein ganzes Heer versammelt hat, um die Heimatstadt zu verteidigen. Jeder ausgerüstet, wie er nur konnte, gingen sie an die Küste. Umso größer war ihre Verwunderung, als sich der grobe Fehler aufdeckte. In dem vertäuten Boot befand sich nur ein Mensch, der auch noch ihre Sprache gesprochen hatte. Mit ihm eine ganze Meute Ferkel. Es stellte sich heraus, dass er die Schweinchen zum Verkauf transportierte. Doch bevor er sein Ziel erreichte, bog er nach Lüttenburg ab, in der Hoffnung Buttermilch zu kaufen, um seine unruhigen Passagiere zu füttern.
Schon die Altgermanen beteten die wilde Waldkatze an, weil sie diese für ein heiliges Tier der Herrscherin der neun Welten, Göttin Freya, hielten. In ihren himmlischen Wagen waren neun graue Katzen angespannt. Das sind wohl die frühesten Erwähnungen der Katzen in den epischen Sagas der altgermanischen Völker.
Mit dem wilden Waldkater ist auch eine der Harzer ****** Legenden verbunden. Dabei stellte sich heraus, dass ihre erste Gestalt gleich auf mehreren Notgeldern Deutschlands abgebildet ist. Das ist der Bon aus der Stadt Tale im Wert von 75 Pfennig aus dem Jahr 1921 und die Münze im Wert von zwei Mark aus dem Jahr 1921.
Abb. 7 Tale – 75 Pfennig aus dem Jahr 1921
Der Legende nach hat ein Jäger diesen Waldkater im Wald getroffen. Er wollte schon aus dem Bogen auf ihn schießen, doch da fing das Tier an, mit menschlicher Stimme mit ihm zu sprechen. Der Kater bat den Jäger, ihn nicht umzubringen. Es stellte sich heraus, dass dies ein verzauberter Mundschenk war. Die Menschen haben ihn für seine Machenschaften mit dem Wein verflucht und so musste er nach dem Tod 300 Jahre lang in den Harzer Wäldern in Gestalt eines pelzigen und gestreiften Tieres herumlaufen. „Es sind nur noch einige Tage übrig und ich würde nur ungern in Tiergestalt sterben“, flehte der verfluchte Mundschenk den Jäger an. Darüber hinaus versprach der Kater dem Jäger zu zeigen, wo der Schatz mit dem Gold vergraben ist, falls dieser ihn laufen lässt. So war es auch. Der Mensch ließ das Tier in Ruhe, fand den Schatz und baute im Wald für das Geld eine Taverne. Noch bis heute steht übrigens das Gasthaus „Waldkater“ dort, wo ihn laut der Legende der glückliche Jäger baute. Und erfreut seine Gäste immer wieder mit einer hervorragenden Küche, besonders mit Gerichten aus Wild (Abb. 8).
Abb. 8 Tale – zwei Mark aus dem Jahr 1921
Es wäre wahrscheinlich unfair, wenn die Deutschen ihrem berühmten Kater keine Beachtung schenken würden, der auch ein wichtiger Charakter in der deutschen nationalen Folklore ist. Damit ist der Kater aus der Truppe der Bremer Stadtmusikanten gemeint. So ist es auch! Dem Märchen von den Bremer Stadtmusikanten sind gleich mehrere Geldscheine gewidmet. Dies sind 50 Pfennig und eine Mark der 20ger Jahre aus Bremen.
Abb. 9 Bremen – 50 Pfennig aus dem Jahr 1922
Abb. 10 Bremen – eine Mark aus dem Jahr 1921
Am meisten jedoch trifft man auf den Banknoten aus aller Welt wilde Vertreter des Katzenstammes – Löwen, Tiger, Leoparden, Jaguare, Pumas und Schneeleoparden. Über diese Tiere wird dann nächstes Mal auch erzählt.
Fußnoten:
*Das Sammeln der aktuellen, aber auch nicht mehr benutzten Geldscheine und ihres Ersatzes. (Anmerkung des Autors)
** In den 20ger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde der deutsche Staat von einer schrecklichen Inflation erfasst. Als Folge des riesigen Defizits der Münze und Volatilität an den Finanzmärkten haben außer der Reichsbank noch 5800 weitere Emittenten das Geld gedruckt. Unter anderem die Stadtadministrationen, Gemeinden, große und sogar kleine Konzerne. Diese, meist kleinformatigen Bons, bekamen die Bezeichnung Notgelder (Anmerkung des Autors)
*** Nicht mehr benutzte Banknoten und ihr Ersatz (Anmerkung des Autors)
**** Es kann sein, dass die „weiße Katze“ in diesem konkreten Fall den grundlegenden Reichtum des mittelalterlichen Bad Salzuflen – das Salz, symbolisiert. (Anmerkung des Autors)
***** Buttermilch – Flüssigkeit, die geblieben ist, nachdem man aus Schlagsahne Butter geschlagen hat. (Anmerkung des Autors)
****** Harz – eine große Gebirgsgegend im nördlichen Teil Deutschlands (Sachsen-Anhalt). (Anmerkung des Autors)
Aus dem Russischen von Yevgeniya Marmer